Sehr geehrte Frau Landesrätin -
Im
Anschluss an meine vorhergehende Mail vom 28. Oktober, mit der ich mich
dem Schreiben der Elterngruppe SOS.Schule.Scuola anschließe, und
Ihre Antwort vom 30. Oktober, möchte ich nochmals auf dieses Thema
zurückkommen (da ich Sie in deutscher Sprache angeschrieben hatte,
bleibe ich, trotz Ihrer italienischsprachigen Antwort, bei Deutsch).
Ich kann nicht umhin, eine gewisse Verwunderung darüber zum Ausdruck zu bringen, dass diese Ihre Entscheidung, den Schulbeginn vorzuverlegen,
den „Forderungen vieler Familien“ und nicht näher benannter
„Organisationen“ (in Ihrer Mail wörtlich „.. in seguito a una chiara
richiesta in questo senso da parte di molte famiglie e organizzazioni“) nachgekommen sein soll. Da man seit Monaten in den Zeitungen nicht etwa einer
kollektiven Zustimmung beiwohnt, sondern einem regelrechten
Elternaufstand, ist es fraglich, um welche Familien und Organisationen
es sich da wohl handelt.
Die didaktische Begründung , häufige längere Ruhepausen seien vorteilhaft für die Schüler, ist nicht durch pädagogische Argumentationen erhärtet. Aufgrund
auch meiner eigenen Erfahrung als Mutter teile ich stattdessen voll die
im Brief der Elterngruppe vertretene Meinung, dass das Gegenteil der
Fall ist.
Bei
den bisher im Schulkalender an Allerheiligen vorgesehen 2-3 Tagen ging
es nicht um „Urlaub“, sondern um die Möglichkeit für alle Familien,
ihrer Toten zu gedenken, auch jener weiter entfernten. Wie
im Elternschreiben und in Zeitungsartikeln zu Recht aufgebrachte Eltern
immer wieder betont haben, ist diese Jahreszeit zur Nutzung als Urlaub
im engen Sinne kaum nutzbar, außer in jenen seltenen Fällen, in denen
beide Eltern nach relativ kurzer Zeit wieder Urlaub nehmen und sich
Reisen an entfernte, klimatisch angenehmere Ziele leisten können.
Diese
scheinbar geringfügige Verschiebung der Ferientage von September auf
Allerheiligen hat wahrlich verheerende Folgen: sie nimmt mit einem
Schlag vielen Familien (meine inbegriffen) die Möglichkeit, in der
ersten Septemberwoche, normalerweise der Zeit des ANGENEHMSTEN Klimas
(und zu den erschwinglicheren Preisen, auf die viele angewiesen sind, um
sich Urlaub überhaupt leisten zu können) zu verreisen und zwingt Eltern und Schülern eine ungewollte Ferienwoche in einer unwirtlichen Jahreszeit auf - mit allen damit verbundenen und bereits eingehend geschilderten Problemen.
Die Zeitspanne der Sommerferien richtet sich hauptsächlich nach den jeweiligen klimatischen Gegebenheiten und dass
mit einer Kürzung derselben die offenbar von Ihnen angestrebte
Anpassung an die „erfolgreichsten europäischen Erziehungssysteme“
gewährleistet sein soll, ist zu bezweifeln. Diese bedürfte meines Erachtens ganz anderer Ansätze als dem des Schulkalenders.
Im
gesamten Mittelmeerraum (außer im Baskenland und auf den Kanaren) haben
die Schulen dieses Jahr zwischen 10. Und 15. September, in einigen
italienischen Regionen (darunter Ligurien und Emilia Romagna) sogar erst
am 17. begonnen. Der bisherige Schulbeginn am 10./12. September war
ideal und es wäre Aufgabe der Politik gewesen, im
Interesse des Gemeinwohls alle Betroffenen, also Eltern, Schüler und
Lehrpersonen in diese wichtige Entscheidung mit einzubeziehen. Dass Sie
sich stattdessen über die Bedürfnisse und Ansprüche der Mehrzahl der
Bürger hinweggesetzt haben und offenbar nicht bereit sind, Ihre in all
diesen Monaten immer wieder scharf kritisierte Haltung in Frage zu
stellen, ist - zumindest in diesem Fall - Zeichen des Scheiterns dessen, wofür ich Politik verstehe.
Hochachtungsvoll,
Patrizia Martini